Opel Senator A 2.5 i
erschienen in der mot vom 27.03.1985
Gestörte Harmonie
Schnell war der Opel Senator schon immer, auch bequem, recht ordentlich ausgestattet, einigermaßen wirtschaftlich, enorm fahrsicher und gut verarbeitet. Ein Understatement-Auto der Oberklasse eben, von der Konkurrenz belächelt, von seinen Besitzern aber durchaus geschätzt.
Womit jedoch Rüsselsheims Größter bislang nicht glänzen konnte, waren zum einen ein sparsamer Motor unterhalb des Hubraumriesen 3.0 i sowie eine Vierstufen-Automatik. Beiden Bedürfnissen kamen die Hessen nun im Rahmen der Senator-Modellpflege entgegen. Jetzt gibt es zudem kleinere Antriebsaggregate, unter anderem ein 2,5-Liter-Benzin-Sechszylinder-Triebwerk, das es dank zeitgemäßer LE-Jetronic-Einspritzung auf 140 PS bringt.
Auf dem Papier macht der neue Motor einen sympathischen Eindruck. Er besitzt eine moderne Schubabschaltung, eine Leerlauf-Füllungsregelung und eine elektronische Kennlieniensteuerung der Zündung. Das heißt, diese Maschine braucht im Leerlauf weniger, läuft weniger laut, gerade im Teillastbereich wird der Benzinkonsum niedrig gehalten. Außerdem sollen asymetrische Keilbrennräume für eine günstige Verwirbelung des Gemischs und damit ebenfalls für optimale Ausnutzung des teuren Kraftstoffs sorgen. Das maximale Drehmoment von immerhin 205 Nm steht allerdings erst bei 4.000 U/min an. Diese Zahl zeigt schon in etwa die Tendenz des 2.5i-Senator-Motors auf: Bei vollem Ausnutzen des Drehzahlbandes gibt er treu und brav Leistung ab, unter 4.000 U/min pro Minute jedoch tut sich nicht viel. Wer etwa den herrlichen 2.2i-Motor der Rüsselsheimer kennt, der schon bei 2.600 U/min seine volle Leistung ausspielen kann und damit einen harmonischen Leistungseindruck hinterläßt, ist von der zwar größeren, aber weit zäheren 2.5i-Maschine enttäuscht. Der neue Kurzhuber gibt sich, wie die ermittelten Fahrwerte zeigen, aber nicht nur etwas schwach auf seiner metallenen Brust, er teilt seiner Umwelt auch lautstark mit, daß er sich bei seiner Arbeit anstrengen muß. An dieser hohen Geräuschkulisse kann auch jene neue Vierstufen-Automatik nichts ändern, die der Senator-Kunde für DM 2.175,-- dazukaufen kann. Dieses Räderwerk löst mit dem Modelljahr 1985 das automatische Dreistufen-Getriebe in Senator und Monza ab. Hauptvorteil sollen aber gerade eine geringere Geräuschentwicklung durch eine als Schonstufe ausgelegte vierte Fahrstufe und ein spürbar reduzierter Benzinverbrauch gegenüber dem Vor-Typ sein. Zusätzlich zu den bisherigen Wählhebelstellungen besitzt die neue Opel-Automatik einen Schalter, mit dem sich die Wählhebelstellung "D" von der vierten in eine dritte Gangstufe umschalten läßt. Bleibt der Schalter in Stellung drei, wenn der Motor ausgeschaltet wird, so wechselt bei erneutem Start dieser Schalter automatisch auf die 4. Gang-Stellung. In der vierten Stufe, etwa zwischen 75 und 80 km/h, setzt zur Minderung des Schlupfes im Drehmomentwandler die Wandlerüberbrückungskupplung ein. Damit stellt sie im oberen Drehzahlbereich eine starre Verbindung zwischen Getriebe und Motor her. Bei völlig durchgetretenem Gaspedal, also über Vollgas hinaus, erfolgt stets - außer natürlich in der niedersten Fahrstufe "1" - eine sogenannte Kickdown-Rückschaltung, und erst bei Motorhöchstdrehzahl schaltet der Automat wieder hoch. Wünscht der Senator-Fahrer eine Kickdown-Schaltung bei einer zu hohen Geschwindigkeit, so verzögert sich diese Rückschaltung durch ein Relais und ein elektromagnetisches Ventil so lange, bis die Motordrehzahl die Höchstgeschwindigkeit für die nächstniedrigere Stufe unterschritten hat. In der Praxis bedeutet dies, daß das automatische Getriebe selbst bei 160 km/h noch einmal per Kickdown herunterschaltet, eine feine Sache bei Überholmanövern auf der Autobahn. Überhaupt darf der neuen Opel-Automatik eine gute Abstufung der einzelnen Fahrstufen bescheinigt werden. Jeweils bei Tempo 66, 120 und 169 wählt sie von sich aus die nächsthöhere Stufe. In der dritten Stufe wird automatisch die vierte Stufe vorgeschaltet und damit die direkte Übersetzung von 1:1 ins Verhältnis 1:0,69 untersetzt, eine echte Schonstufe also. Bei einer Übergas-Beschleunigung im 3. Gang beziehungsweise bei Kickdown, wenn die Motor-Drosselklappe mehr als 85 % geöffnet ist, wird die vierte Stufe nicht mehr vorgeschaltet. Ob es von Opel sinnvoll gedacht war, die dritte Stufe über einen Schalter anstatt über eine weitere Stufe am Wählhebel zu bedienen, mag dahingestellt sein. Sehr praxisnah ist diese Lösung nicht, denn der Fahrer muß dabei stets das Auge von der Straße nehmen und auf den Schalter richten. |
Keinesfalls Stand der heutigen Technik sind die relativ harten Schaltrucke des Opel-Vierstufen-Automaten. Das hat man bei Mercedes- oder BMW-Automatik-Getrieben schon weicher erlebt. Alles in allem herrscht der Eindruck von einer nur halbherzig auf vier Stufen getrimmten alten Dreistufen-Automatik vor, mit Schwächen, wie sie bei einem zeitgemäßen Automatik-Getriebe nicht mehr auftreten sollten.
In Verbindung mit dem zäh und schwerfällig agierenden 2.5i-Sechszylindermotor ergibt sich denn auch keine harmonische Antriebs-Getriebe-Einheit. Rollt der Opel Senator nur gemächlich im Boulevard-Riding amerikanischen Stils dahin, mag diese Kombination ja befriedigen. Doch bereits beim ersten Wunsch nach Leistungsabruf gehen Motor und Vierstufen-Automatik hörbar angestrengt und mit deutlichem Zeitverzug nur gemächlich an die Arbeit.
Getriebe und Motor hingegen sind nicht kleinlich, wenn es um ihre Forderungen an der Tankstelle geht. Den Opel Senator in dieser Zusammenstellung unter 12 Liter/100 km zu fahren, ist selbst bei sanftem Dahinrollen kaum möglich. Je nach Gusto und Gasfuß können es aber auch bis zu 17 Liter/100 km sein - eindeutig zuviel für ein Auto mit dieser Leistung. Wer das Gaspedal nur leicht berührt, den Senator nie oder selten überholen läßt und verbrauchsbewußt fährt, benötigt etwa 13 Liter/100 km im Durchschnitt.
Die mot-Redaktion schaffte im Wechselbetrieb unter allen Bedingungen 14,5 Liter/100 km. So kommt man mit einer Tankfüllung 500 km weit, nicht gerade viel für solch ein Auto.
Dabei macht das Reisen im Senator durchaus Laune. Alle Passagiere sitzen gut und bequem, haben reichlich Platz für Ellenbogen, Knie und lange Beine sowie fürs große Gepäck. Das hervorragende Fahrwerk glänzt durch problemlose Gutmütigkeit, allenfalls bei Nässe oder auf Schnee ist wegen mangelnder Traktion der Hinterräder mit einem leicht auswandernden Heck zu rechnen.
Bleibt unterm Strich also ein gutes Auto? Ja, wenn sich der Senator-Interessent für einen 2.5i mit Schaltgetriebe oder auch für den etwas schwächeren, dafür drehmomentstarken 2.2i-Motor entschließt. Die neue Vierstufen-Automatik läßt Freude aber überhaupt nur mit dem deutlich drehmomentstärkeren 3.0i-Aggregat aufkommen, das die Schwächen dieses Getriebes mittels Leistung halbwegs ausgleichen kann.