Opel Omega Evolution 500
Fahrbericht Opel Omega Evolution 500, AutoBild 04.03.1991
Kein Heckmeck: Der Flügel-Opel
Böse Menschen behaupten, der Omega Evolution ist ein Spoiler, an den jemand einen Omega 3000 24V geschraubt hat. Aber das stimmt nicht. Wir behaupten: der "Evo" sieht absolut heiß aus. Mit seinem "Novaschwarz", dem tief nach unten gezogenen Frontspoiler und den finster getönten Scheiben hat er sogar etwas mystisches. |
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David Hasselhoffs "Knight Rider" ist dagegen eine schlappe Nummer. Opels Evolution blubbert seinen Fahrer zum Glück auch nicht voll. Es ist eine Reisemaschine, zum Fahren gebaut. Und das kann sie garantiert auch besser als "K.I.T.T.".
Seine Existenzberechtigung verdankt der Omega Evolution der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft. Seit dem letzten Jahr versucht Opel dort mit seinem Limousinen-Blitz einzuschlagen. Siege aber blieben aus. Dieses Jahr soll ein stark überarbeiteter Omega endlich ganz nach vorne fahren. Doch laut DTM-Reglement darf nur brennen lassen, wer seinen Muskelprotz auch in Serie baut. Die gibt es nun.
Limitierte Auflage: 500 Stück. Das reicht für die Homologation. Preis: DM 89.400,--. Das reicht auch. Äußere Kennzeichen: Spoiler, Spoiler, Spoiler.
Dabei benimmt sich der 230 PS starke Flügel-Opel eigentlich ganz brav. Mit wuchtigen 280 Nm Drehmoment bei 3500 U/min läßt sich die Limousine fast so schaltfaul bewegen wie ein Automatikwagen. Das Lederlenkrad folgt leichtgängig jedem Befehl, da eine Servopumpe die Knochenarbeit übernimmt. Last but not least freuen sich die Körper der Passagiere über hervorragende Recaro-Sitze mit Ledereinlage. Ansonsten erschüttern keine Revolutionen im Innenraum die Omega-Welt. |
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Als Option können Infizierte den Sportler mit allen Extras ordern, die auch für den Omega 3000 24V lieferbar sind. Ausnahmen: Scheinwerfer-Reinigungsanlage, Sitzheizung und Automatik.
Doch sobald der rechte Fuß mit Gewicht auf das Gaspedal fällt, wird der Brave zum Biest. Knapp über 60 km/h fällt der Schaltknüppel in die zweite Stufe, verharrt da, um bei 110 km/h (nach 7,5 Sekunden sind 100 km/h erreicht) die dritte Brennphase einzuleiten, und rückt ab 170 km/h in die vierte Stufe vor. Ab 225 Tacho mahnt der Drehzahlmesser, doch bitte langsam in den Fünften und damit auf Dauerschub umzuschalten. Wie angeklebt bleibt die Tachonadel dann auf echten 249 km/h stehen.
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Das ist okay, entsteht doch bei diesem Tempo leicht der Eindruck, die anderen Verkehrsteilnehmer wären alles des Wahnsinns und würden sich tatsächlich rückwärts bewegen. Da aber der Evo Bremsanlage und Fahrwerk vom Organspender DTM-Omega erhielt, ist der Opel bei Spitzengeschwindigkeit sicherer als manch ein schwächerer Wagen mit ausgelutschten Trommelbremsen und desolaten Stoßdämpfern. Vom kargen DTM-Fahrzeug ist der luxuriöse Evo dennoch weit entfernt. Auf der Rennstrecke sorgen 400 PS für Fahrleistungen, die klar im Jet-Bereich liegen. Doch wo die Flieger dank Flügel abheben, krallt sich der Ableger des DTM-Opel dank Flügel in den Asphalt. Selbst in schnellen Kurven driften die Antriebsräder mit dem Gardemaß 225/50 ZR 16 erst sehr spät nach außen. Im Grunde muß der 1465 Kilo schwere Kraftprotz mit einem Übermaß an Gas brutal mißhandelt werden, um überhaupt spektakulär auszubrechen. |
Opel-Haustuner Günther Irmscher, verantwortlich für die "Veredelung", berechnet für die gesammelten Modifikationen des Evo einen Aufpreis von DM 36.020,-- gegenüber dem serienmäßigen Omega 3000 24V.
Der steht mit DM 56.400,-- in der Preisliste, ist dezenter und kaum weniger sportlich. Für einen ab 90 km/h ausfahrenden Heckspoiler, eine Menge Kunststoff unter der Gürtellinie, ein verbessertes Fahrwerk samt Bremsen und 26 PS Leistungsplus scheint ein solcher Aufpreis nicht gerechtfertigt.
Aber die Frage nach dem Gegenwert muß eine rein rhetorische bleiben. Der Evo ist ein Sammlerstück, sein Wert eher ideell. Zudem lockt der Gedanke, ein Auto zu fahren, von dem es nur noch 499 andere gibt. Der Omega wird seine Freunde dort finden, wo High-Tech mehr zählt als eine prestigeträchtige Fassade. So gesehen ist dieses Auto ein wahrhaft ehrliches. Und sein Preis eher unwichtig.
DTM Basisautos, Auto Zeitung 28.03.1991
Vertauschte Rollen
Vor dem ersten Rennen der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft im belgischen Zolder besorgten wir uns die Basismodelle der DTM-Autos und die passenden Darsteller. Clou des Drehbuchs: Vier Werksfahrer tauschten die Autos und fuhren die Produkte des Gegners.
Drehort Hockenheim: es ist ein vom Regen frischgewaschener Tag. Die Darsteller sind schon vor Ort. Je ein Fahrer der vier Firmen, die an der DTM beteiligt sind. Das Drehbuch schreibt ihnen vor: "Fahrt die Autos der anderen und sagt etwas darüber. Wir setzen das Ganze in Szene."
Alle sind bereit. Fast alle. Bei Armin Hahne gibt es leichte Probleme, einen Rückfall in die Stummfilmzeit. BMW, sein Arbeitgeber, hat bei den Verhandlungen auf eins bestanden: Hahne darf die anderen Autos fahren, klar, aber sagen darf er nichts. Macht nix, wir blenden Untertitel ein.
Kameramann Willy Bister gibt letzte Anweisungen. Es nieselt ein wenig. Klappe, erste Szene: Michael Schumacher steigt in den Audi V8. "Was", kommt es aus dem Mercedes-Junior heraus, "mit dem kann man Rennen fahren? Wahnsinn." Michael hat schnell den Bogen raus, wie man die V8-Limousine rennmäßig bewegen kann. Sein Fazit (interessant für Stuck): "Der V8 ist gut für jemanden, der flott reisen will, ohne besonders gut fahren zu können. Sogar bei nasser Fahrbahn ist der V8 leicht zu beherrschen. Er ist von allen vier am weitesten von der Rennversion entfernt."
Klaus Niedzwiedz, in unzähligen Rennschlachten gestählter Opel-Mann, legt ein breites Camel-Man-Grinsen auf, als er in den V8 steigt: "Mensch, diese Allrad-Lutscher. Die werden uns dieses Jahr wieder Probleme machen." Sein Urteil: "Das Ding hat unendlich Traktion bei neutralem Fahrverhalten. Man sitzt wie auf einem Sofa."
Jetzt ist Armin Hahne dran. Wir stellen die Tonspur ab. Hahne fährt bedächtig an, wird von Runde zu Runde schneller. Er sagt nichts. Wir blenden den Untertitel ein: wenig Lastwechsel, es braucht viel Entwicklung, ein Rennauto daraus zu machen.
Szenenwechsel: der Opel ist an der Reihe. Als erster steigt Audi-Pilot Frank Biela ein. Der Opel gefällt ihm sofort. "Mit dem kann man sich sehen lassen. Nur das Armaturenbrett wirkt etwas unmodern." Dann, nach einigen, schnellen Kilometern: "Das Fahrwerk ist sportlich, aber trotzdem bequem." Biela sagt, als er an Schumacher übergibt: "Der Omega ist ein gelungener Kompromiß zwischen Limousine und Sportwagen."
Michael linst listig herüber und gibt Gas. Was ihm sofort auffällt: "Die Lenkung geht relativ schwer.." Er fährt mit lockerer Hand, bringt das Auto ständig zum Übersteuern. "Das Fahrwerk ist super", stimmt er mit Biela überein, "bequem und sportlich zugleich. Nur eins stört mich. Der Motor hat ein Leistungsloch bei 4000 Touren."
Armin Hahne fährt. Wir stellen die Tonspur ab. Er sagt nichts. Doch in seinem Gesicht und im Untertitel steht geschrieben: sagenhafte Traktion.
Szenenwechsel: die Asphalt-Cowboys reiten auf dem Mercedes. Zuerst Frank Biela, der im letzten Jahr - damals noch Mercedes-Werksfahrer - den Evo II zwei Monate als Dienstfahrzeug hatte. "Es ist halt keine Limousine, sondern eher ein Spielzeug. Nach 1000 Km ist man doch schon ziemlich fertig." Und wie gefällt ihm das Äußere? "Naja", ziert sich Biela ein wenig, "die Spoilerschaften gefallen mir nicht so besonders. An der Ampel neigt man schon dazu, den Kopf verschämt wegzudrehen."
Klaus Niedzwiedz dagegen stört das Wagenäußere weniger. Er findet die Lenkung "ausgesprochen leichtgängig, und die Schaltung ist etwas zu hakelig". Niedzwiedz fährt am Limit, das Auto rutscht über alle vier Räder weg, den Fahrer zieht die Fliehkraft nach außen. "Die Sitze", meint Niedzwiedz mitten im Drift, "könnten mehr Seitenführung haben." Alles in allem: "Ganz nett, aber der Evo II erinnert mich insgesamt an ein größeres Auto. Man braucht hohe Drehzahlen, um richtig Leistung zu haben."
Jetzt das bekannte Spiel, zum letzten Mal: wir drehen die Tonspur ab, Armin Hahnemann steigt in den Mercedes ein. Er sagt nichts über das Auto. Im Untertitel steht, kurz und knapp: die Schaltung ist etwas hakelig. Und in seinem Gesicht ist zu lesen: der Termin hat ihm Spaß gemacht. Aber er ist Vollprofi und hält sich an Abmachungen.
Klappe zur letzten Szene: der rote M3 wartet auf die Fahrer. Zuerst Michael Schumacher. Schnell legt er die Lockerheit ab, mit der er die anderen Autos gefahren ist. "Ich brauche hier beide Hände, um am Limit zu fahren. Der M3 ist fast schon ein Rennauto." Michael zeigt in der Sachs-Kurve, was er meint: "Das Auto untersteuert, untersteuert, und plötzlich bricht das Heck aus."
Schumacher hat beide Hände voll zu tun, den Wagen abzufangen. Nach wenigen Runden perlen ihm die ersten Schweißtropfen auf der Stirn. "Der M3 macht Spaß", resümiert Schumacher, "ist aber kein Wagen für ungeübte. Er ist im Grenzbereich giftig und aggressiv." Frank Biela und Klaus Niedzwiedz, beide sind wie Schumacher noch nie M3 gefahren, stimmen zu: "Anfänglich untersteuert er, nur um am Ende einer Kurve kräftig zu übersteuern." Und: "Der Motor hat relativ wenig Drehmoment, das Auto ist insgesamt aber sehr handlich."
Letzte Klappe, der Film ist zu Ende. Die Darsteller fahren nach Hause. Schumacher nach Kerpen, Niedzwiedz nach England, Biela und Hahne nach Monaco. Eine internationale Produktion. See you in Holder.
Fahrbericht Opel Omega 500 Evolution (C30XEI), erschienen in ams 13/1991
Oh, Mega
Im Alltagsbetrieb nützen riesige Spoiler und füllige Breitreifen wenig. Sie sehen sportlich aus, wirken am Omega 500 Evolution halbstark, haben aber einen taktischen Hintergrund: der Opel Omega Evolution 500 ist die Basis für den Rennwagen in der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft.
500 Exemplare dieses aufgemotzten Omega mußte Opel für die Sporthomologation bauen. Der hohe Heckflügel soll bei hohem Tempo Abtrieb erzeugen und dadurch die Straßenlage verbessern. Wenn die Evolutionsserie mit 18 Zoll großen Rädern unterwegs ist, dann dürfen die Rennwagen mit 19 Zoll antreten. Das tröstet ein wenig über die beim Rangieren trotz Servolenkung störend großen Lenkkräfte - Lenkdrehmoment im Stand: 8 Nm - und ein paar andere Nachteile hinweg.
Die Reifen der Dimension 235/40 ZR 18 auf 8 Zoll breiten Felgen sind wahre Spurrillen-Suchgeräte. Zumindest bei Geschwindigkeiten unter 130 km/h überrascht die Lenkung des Omega immer wieder mit irritierenden Abweichungen vom Kurs, sobald die Reifenschultern wieder einmal die Kante einer Spurrille als neue Leitlinie entdeckt haben.
Mit wachsender Geschwindigkeit weicht der gelegentlich irritierende Geradeauslauf einer stabilen, zielgenauen Kurstreue. Auch daran ist die Größe der Räder schuld: ihr großer Durchmesser sorgt für stark stabilisierende Kreiselkräfte, die grundsätzlich auch jedes Zweirad bei wachsender Geschwindigkeit beharrlich auf Kurs zu halten versuchen.
Die sanft gesteigerte Motorleistung von 230 PS (169 kW) bei 6700 U/min (Serie: 204 PS / 147 kW bei 6000 U/min) wäre sicher auch ohne tiefgreifende Änderungen am Kurbeltrieb möglich gewesen. Weil Rennmotoren aber häufig den Drehzahlbereich bis 10.000 U/min ausloten, wobei die Sechszylindermotoren von inneren Drehschwingungen der Kurbelwelle erbärmlich durchgeschüttelt werden, kamen auch im Innersten des Dreiliter-Sechszylinders feine Tricks zum Einsatz: die geschmiedete Welle trägt nur 8 statt 12 Gegengewichte. Das hilft im Rennbetrieb, die Belastung der Kurbelwellenlager in Grenzen zu halten.
Dafür bietet der um insgesamt 6 kg erleichterte Kurbeltrieb den bei Sportmotoren sehr geschätzten, blitzartigen Einsatz auf Gaspedal-Kommandos. Pleuel und Kolben wurden im Sinne höherer Widerstandsfähigkeit gegen die Belastung am 10.000 U/min-Limit modifiziert, wenn auch im Serienmotor der nutzbare Drehzahlbereich wie gewohnt bei 7.000 U/min endet.
Die Pleuel sind um 10 mm verlängert, die Kolben fallen entsprechend kürzer und leichter aus (352 statt 494 Gramm). Sogar die Kolbenbolzen mußten sich ein paar erleichternde Bearbeitungsspuren gefallen lassen. Sie wiegen nur noch 90 statt 116 Gramm.
So arbeitet im Omega ein reinrassiges Rennwagentriebwerk, das bei aller sportlichen Orientierung von seiner begeisternden Alltagstauglichkeit nicht viel verloren hat. Der Vierventilmotor überzeugt immer noch durch gute Elastizität im unteren und geschmeidige Kraftentfaltung im oberen Drehzahlbereich. Der rauhe Leerlauf geht auf Kosten der Gewichtserleichterung im Kurbeltrieb und wirkt im Alltagsbetrieb kaum störend.
Es ist jedoch schon ernüchternd, daß die Fahrleistungen kaum besser sind als die des normalen Omega 24V. Die 26 PS Mehrleistung stehen ohnehin nur im oberen Drehzahlbereich zur Verfügung. Sie verbrauchen sich zudem offensichtlich in der Überwindung des etwas höheren Roll- und Luftwiderstandes.
Diese seriös wirkende Bereitschaft zu außergewöhnlichen Leistungen zieht sich durch die restlichen Fahreindrücke vom Omega Evolution 500 wie ein roter Faden. Das Fahrwerk verfügt über außergeprägte Neutralität in Kurvenverhalten - Ergebnis einer wirklich geglückten Abstimmung. Die Federung ist sportlich orientiert, ohne den nötigen Komfort vermissen zu lassen.
Die Ausstattung mit Recaro-Sportsitzen vorn, Schiebedach und Zentralverriegelung läßt nur wenige Wünsche offen. Leichte Knarrgeräusche auf unebener Fahrbahn und gelegentlich abfallende Verkleidungsteile offenbarten beim Testwagen leichte Mängel im Detail, die bei einem routiniert gefertigten Großserienwagen eigentlich nicht vorkommen sollten. Schließlich kostet der Omega Evolution 500 stolze 92.200,-- Mark, die 18 Zoll großen Räder weitere 2.791,-- Mark Aufpreis.
Diese Preisgestaltung mag übertrieben wirken, genau wie die Größe und der Auffälligkeitsgrad im Straßenverkehr weitgehend nutzlosen Spoiler. Doch der Blick in die Opel-Preisliste tröstet, denn der normale Omega 3000 mit Vierventilmotor ist rund 40.000,-- Mark billiger. Und der macht seine Sache kaum schlechter, was den Auftritt abseits von Rennstrecke und Fahrerlager angeht. Alles Nachdenken dient ohnehin nur der Theorie: die 500 Stück-Serie der Omega Evolution ist schon ausverkauft.