Opel Omega A 3000 24V / Opel Omega 24V

 

Test Opel Omega 3000 24V, erschienen in ams 20.10.1989

Jetzt aber ran

Dual Ram, ein neuentwickeltes Ansaugsystem mit variablem Resonanzvolumen sowie zweistufige Schwingungsauladung und Vierventiltechnik wecken in dem drei Liter großen Reihen-Sechszylinder von Opel neue Kräfte. Der 204 PS starke Vierventiler macht aus dem Omega 3000 eine Sportlimousine ersten Ranges.

Seit Tennisstar Steffi Graf den Opel-Blitz zu Markte trägt, serviert die Rüsselsheimer Firma dynamischer als je zuvor: auf die Asse eins und zwei - den Kadett GSi mit dem in seiner Klasse unerreicht starken Zweiliter-Vierventilmotor und das auf der IAA erstmals vorgestellte Sportcoupe Calibra - jetzt folgt As Nummer drei: ein Vierventil-Sechszylindermotor mit 204 PS für die Limousinen Senator und Omega 3000.

Dieser auch optisch attraktiv hergerichtete Vierventiler symbolisiert sehr schön die Wandlung der Marke Opel von der grauen Maus zu einem Unternehmen mit blitzsauberen Image. Denn wie die Firma galt auch deren Reihensechszylinder, dessen Grundkonzeption mittlerweile 25 Jahre alt ist, bislang als behäbig und unkultiviert. Um dies zu ändern und dabei auch den Kraftstoffverbrauch um rund 10% zu reduzieren, investierten die Rüsselsheimer 75 Millionen Mark und jede Menge Arbeit in das Motorenprojekt C30SE.

Für die Mannschaft um Dr. Otto Willenbockel, Leiter der Motorenkonstruktion und -entwicklung bei Opel, war es vor allem Kopfarbeit, die da geleistet werden mußte. Das wichtigste: Aluminium-Zylinderkopf mit insgesamt 24 Ventilen (Ventilwinkel 29°), die über zwei kettengetriebene obenliegende Nockenwellen betätigt werden., thermodynamisch günstige, kompakte Brennräume mit zentraler Zündkerzenanordnung, als Motormanagement eine Bosch Motronic 1.5 mit Kennfeldsteuerung für Einspritzung und Zündung sowie geräusch- und schwingungsdämpfende Maßnahmen im Bereich von Motorblock und Getriebe. Die Abgasreinigung erfolgt über zwei geregelte Metall-Katalysatoren.

Doch nicht immer hält die Praxis das, was der hohe technische Aufwand in der Theorie verspricht. Beim Omega 3000 24V ist diese Sorge allerdings unbegründet. Denn auf der Straße ist die Sportlimousine kein Papiertiger, sondern macht dem Blitz im Firmenlogo alle Ehre.

Der immerhin 1520 Kilogramm schwere Omega sprintet in 7,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h, legt den Kilometer mit stehendem Start in 27,9 Sekunden zurück und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 242 km/h.

Mit diesen Fahrleistungen verweist der Vierventil-Omega sogar wesentlich hubraum- und leistungsstärkere Konkurrenten wie den BMW 535i oder den Lancia 8.32 auf die Plätze. Besonders beeindruckend ist die bullige Durchzugskraft des Dreilitermotors, die im Zusammenspiel mit dem gut an die Leistungscharakteristik des Motors angepaßten und leichtgängig schaltbaren Fünfganggetriebe hervorragende Elastizitätswerte ermöglicht. Wird bei 60 km/h im vierten Gang Vollgas gegeben, vergehen nur 9,7 Sekunden, bis 100 km/h erreicht sind. Ebenso eindrucksvoll ist die Zeit für den Zwischenspurt von 80 auf 120 km/h im fünften Gang: 13,1 Sekunden.

Die hohe Elastizität ist auch das Verdienst eines neuentwickelten Ansaugsystems (Dual Ram) mit variablem Resonanzvolumen. Hier findet eine Schwingungsaufladung in zwei Stufen statt, die den Reihen-Sechszylinder unterhalb von 4000 U/min mit Hilfe einer geschlossenen Klappe im Luftverteiler quasi als doppelten Dreizylinder laufen läßt. Jenseits dieser Drehzahl öffnet sich die Klappe und verteilt den Ansaugstrom gleichmäßig auf alle sechs Saugrohre - die Ansaugwege werden dadurch insgesamt länger.

Diesem dualen Ansaugsystem liegt die Erkenntnis zugrunde, daß Reihen-Sechszylinder erst oberhalb von 4000 Touren einen guten Füllungsgrad aufweisen, während Dreizylinder schon im unteren Drehzahlbereich viel Füllung erreichen, die aber jenseits von 4000 U/min wieder stark abnimmt. Die Zündfolge des Reihen-Sechszylinders erlaubt solch eine drehzahlabhängige Splittung in Doppel-Dreizylinder und echten Sechszylinder - das Resultat ist eine Drehmomentkurve, die schon knapp über Leerlaufdrehzahl 200 Nm aufweist und ihren Höhepunkt von 270 Nm bereits bei 3600 U/min erreicht. Auffällig am Drehmomentverlauf ist die Tatsache, daß die Kurve zwischen 3000 und 5800 Touren nie unter die 250 Nm-Marke fällt.

Kein Wunder also, daß für den Fahrer in nahezu allen Situationen genügend Durchzugskraft zur Verfügung steht, ganz gleich, welcher Gang gerade eingelegt ist. Daß mit einer vergleichsweise bescheidenen spezifischen Leistung von 68,7 PS/Liter ausgestattete Vierventiler kein auf Höchstleistung getrimmter Sportmotor ist, sondern bewußt als Zieher ausgelegt wurde, macht sich auch an der Tankstelle bezahlt. Denn hier entpuppt sich der Omega 3000 24V in Anbetracht der Fahrleistungen als vorbildlich wirtschaftlich. Selbst ohne bewußt sparsam zu fahren, bereitet es keine Mühe, under der 10-Liter-Grenze zu bleiben, und auch bei forcierter Fahrweise fließen kaum einmal mehr als 15 Liter durch die Einspritzdüsen. Der durchschnittliche Testverbrauch: 11,9 Liter auf 100 Kilometer, Güteklasse Super bleifrei.

Der moderate Benzinverbrauch und die bei einem 75 Liter-Tank hieraus resultierende Reichweite von fast 600 Kilometern prädestinieren den Omega 3000 24V geradezu als schnellen, komfortablen Reisewagen. Der neue Motor, der bis auf das Bohrung-/Hubverhältnis (95,0 x 69,8 mm) kaum noch etwas mit der Grundkonstruktion aus den sechziger Jahren gemeinsam hat, ist in puncto Laufkultur nicht wiederzuerkennen. Selbst beim Ausdrehen der Gänge (Schaltgrenze bei 6400 U/min) klingt der Vierventiler keineswegs rauh und laut, allenfalls ein bißchen kernig, aber dies gehört bei einer Sportlimousine schließlich zum guten Ton. Und auch die früher so störenden Vibrationen jenseits von 5000 U/min gehören jetzt der Vergangenheit an.

Obwohl es am Omega-Fahrwerk bislang kaum etwas auszusetzen gab, wurde die Hinterachsaufhängung geändert. Hier kommt jetzt eine sogenannte Multi-Link-Hinterachse zum Einsatz, die sich von der bisherigen Konstruktion durch ein zusätzliches Radführungs-Element (Diagonal-Lenker) unterscheidet, das als stabilisierender Faktor der Lenkpräzision und dem Kurvenverhalten zugute kommen soll.

Tatsächlich wirkt die 4,74 Meter lange Opel-Limousine im Handling noch eine Spur agiler als das Vormodell. Lenkbefehle am Volant werden schnell und präzise in Richtungsänderungen umgesetzt, wobei der hinterradgetriebene Omega im Kurvengrenzbereich weitgehend neutral bleibt und sich bei Lastwechseln ganz sachte in die Kurve hineindreht.

Angeblich konnten die Opel-Leute durch die neue Hinterachskonstruktion eine härtere Auslegung des Fahrwerks vermeiden. Und das ist auch gut so, denn speziell auf Querfugen überschreitet bereits die jetzige Abstimmung das wünschenswerte Maß an Härte. Eine etwas weniger straffe Auslegung wäre dem Wohlbefinden in den sehr bequemen Sportsitzen mit guter Seitenführung dienlich, ohne daß die Fahreigenschaften darunter leiden müßten.

Das beste aber kommt zum Schluß: der Preis, der von Opel wieder mal recht volkstümlich gehalten wurde. Der serienmäßig reichhaltig ausgestattete Omega 3000 24V kostet 52.930 Mark, also nur 4.850 Mark mehr als der weiterhin angebotene Zweiventiler - auch das ist Opel-Service, das die Konkurrenz zur Zeit nicht retournieren kann.