Opel Omega A 2.6 i

 

Vergleichstest Opel Omega 2.6i CD gegen Volvo 940 GL Kombi, erschienen in mot 01.02.1991

Die Platz-Hirsche

Im Revier der großen Kombi-Limousinen zählen sie zu den Platzhirschen: kann der Volvo 940 GL mit dem erstarkten Vierzylinder gegen den Opel Omega 2.6i mit zwei Töpfen mehr bestehen?

Da steht er nun: rot, groß, eckig. Soweit alles vertraut. Volvo 940 GL prangt auf der Heckklappe; eine neue Nummer also. "Nach acht Jahren gibt es jetzt die Ablösung der Baureihe 700 durch den Volvo 940", steht in der Pressemappe. Acht Jahre, neue Baureihe - selbst auf den zweiten Blick wirkt nach alles vertraut. Was soll daran neu sein?

Doch halt, wir wollen nicht übertreiben: auch das Vierzylinder-Modell trägt nun die etwas abgeschrägte Chromnase, die in den letzten Jahren dem 760 vorbehalten war. Und unter der Haube werkt zwar noch der alte Volvo-Vierzylinder, nun aber erstarkt von 115 PS auf 131 PS. So weit, so gut. Aber: kann dieses Auto mit einem starken Konkurrenten wie dem Opel Omega Caravan mithalten? Oder fährt der Omega mit dem neuen, 150 PS starken 2,6-Liter-Sechszylinder dem Schweden auf und davon?

Große Kombis sind schlichtweg in. Zunächst natürlich wegen ihres überaus reichlichen Platzangebots, keine Frage. Ob Familie mit Kinderwagen, Reisebett, Spieletaschen und ... und ... und, ob Hobby oder Beruf: Klappe auf, Kram rein, Klappe zu. Es paßt immer. Oft sind die Kombis aber auch schlicht die schöneren Autos. Darüber kann man sicher streiten, aber im Falle des Opel Omega beispielsweise - dem die Heckklappe ausgezeichnet steht - wählt immerhin jeder zweite Käufer die Version mit dem Großraum-Heck.

Zwei Zylinder und 19 PS trennen den Hessen vom Schweden, im Preis liegen sie jedoch recht eng beieinander. Der Volvo 940 GL Kombi ist mit seinen 43.400 Mark sicher kein Sonderangebot. Zwar zählen heizbare Sitze, eine automatische Niveauregulierung oder die Scheinwerfer-Waschanlage zum Serienstandard, für das Antiblockier-System beispielsweise müssen aber 1.800 Mark draufgelegt werden.

Zum nahezu gleichen Einstandspreis gibt's beim Omega nicht nur den größeren Motor, sondern beispielsweise die komplette CD-Ausstattung mit ABS und Radioanlage. Rechnet man bei beiden Modellen die Serienstandards des Kontrahenten hinzu (soweit das geht), ergibt sich Gleichstand: Opel 45.905 Mark, Volvo 45.700 Mark plus Radio.

Deutlich günstiger sind beim Deutschen die Aufpreise für Komfort-Extras wie Klimaanlage und Elektrik-Heinzelmännchen an Fenster und Schiebedach. Und wer auf einige Ausstattungsdetails verzichten mag, der greift zum nur 40.020 Mark teuren Omega GL. Ausnahmsweise gibt es also bei der einheimischen Marke mehr Auto fürs Geld.

An der Fassade ihres großen Kombis fanden die schwedischen Stylisten offenbar nichts zu verbessern, von besagter Chrom-Nase einmal abgesehen. Vielleicht ist ja auch das gesamte schwedische Kreativ-Potential in den schwedischen Möbelhäusern konzentriert, so daß für neue Autos kaum Ideen übrig bleiben. Andererseits steht so ein Volvo wie ein kantiger Fels in den gestalterischen Modeströmungen, und der verehrten Kundschaft scheint es zu gefallen.

Den Einsteiger umfängt der 940 GL mit gediegener Atmosphäre. Ein griffiges Lenkrad, ein außerordentlich aufgeräumtes wirkendes Armaturenbrett, alles in durchweg aufwendigen Materialien gehalten - hier erscheint der Kaufpreis gut angelegt. Auch die Verarbeitung macht einen ausgezeichneten Eindruck, nichts klappert, nichts knistert.

Ganz entgegen seinem Image zeigt der Volvo allerdings in ein paar sicherheitsrelevanten Details Schwächen: so sind die Sicherheitsgurte nicht höhenverstellbar, ebenso wenig die - allerdings recht groß dimensionierten - Kopfstützen, und der Warnblinkschalter ist links an der Lenksäule positioniert. Vermißt werden noch eine Stütze für den linken Fuß und eine Leseleuchte. Elektrische Verstellung der Außenspiegel gibt es nur gegen Mehrpreis, dafür verdient der serienmäßige Weitwinkelspiegel auf der Fahrerseite Lob.

Auch der Omega hat im vergangenen Jahr ein bescheidenes Facelift erlebt: die paar Chromleisten rundum tun dem Outfit des Opel gut. Das Gefühl gediegener Unterbringung stellt sich in seinem Innern jedoch weniger ein als im Volvo. Es sind die Kleinigkeiten, die sichtbaren Stoßkanten an den Türgriffen oder das schlabbrige Schalterchen für die Spiegelverstellung. Die Verarbeitung ist nicht schlecht, aber an das Niveau des Schweden kommt sie nicht heran.

Funktional ist dem Opel nichts vorzuwerfen. Die Bedienung ist tadellos, die Übersicht hervorragend. Ein Sonderlob verdient sich der Bordcomputer mit Außentemperaturanzeige: seine Angaben sind recht genau. Böse Rüge für den Opel: der vielleicht lebensrettende Airbag ist überhaupt nicht zu bekommen.

Daß beide Autos ausreichend bis üppig Platz für Beine, Arme und Kopf bieten, ist angesichts der Außenlänge von 4,82 Metern (Volvo) und 4,78 Meter (Opel) nicht verwunderlich. Die weichen schwedischen Sitze wirken zunächst recht angenehm, nach ein paar Stündchen wünscht man sich aber in den Deutschen mit seiner strafferen und mehr Seitenhalt bietenden Polsterung zurück. Verstellbare Rückenstützen bieten beide, der Opel sogar zwei in jeder Vordersitzlehne. Dafür läßt sich der Fahrersitz des Volvo nicht nur in der Höhe, sondern auch in der Neigung verstellen.

Ein wichtiger Punkt bei den Kombis ist natürlich das Fassungsvermögen der geräumigen Heckabteile. Und da nehmen sich beide nicht viel: Höhe und Breite zwischen den Radkästen sind mit 75 und 110 Zentimeter etwa gleich, von der Heckklappe bis zur Vordersitzkante bietet der Omega sogar 10 Zentimeter mehr (180 cm) als der außen längere 940. Die geteilten Rücksitze lassen sich in beiden Fällen leicht umklappen, Laderaumabdeckung ist Serie, und beim Opel gibts noch ein Gepäcknetz hinter den Rücksitzen. Dafür bietet der Volvo unter dem Laderaumboden drei Staufächer für allerlei Krimskrams.

Als Basismodell der großen Volvo-Baureihe trägt der 940 GL den schon betagten Vierzylindermotor mit 2,3 Liter Hubraum unter der Haube. Mit der Beförderung vom 740 zum 940 wurde der Kurzhuber überarbeitet, seine Leistung stieg von 115 PS auf 131 PS bei 5500 U/min. Das maximale Drehmoment von 185 Nm entlockt die Bosch LH-Jetronic den vier Töpfen bei 2950 U/min.

Opel setzt in dieser Preisklasse einen Sechszylinder entgegen: der 2,6 Liter-Omega liefert 150 PS bei 5600 U/min und dazu ein maximales Drehmoment von 220 Nm bei 3600 U/min.

Das mächtige Ansaugsystem ist nicht nur gut gestaltet, es sorgt mit variablen Saugrohrlängen, Dual Ram genannt, auch für elastischen Durchzug.

Somit stehen dem Fahrer 80 Prozent des Drehmoments schon knapp über Leerlaufdrehzahl zur Verfügung. Entstanden ist da in Rüsselsheim nicht nur ein apartes Erscheinungsbild, auch die Qualitäten dieses Motors sind eine wahre Freude.

Der Sechszylinder hängt gut am Gas und beschleunigt den gut eineinhalb Tonnen schweren Caravan in zehn Sekunden auf 100 km/h. Die Spitze liegt bei 211 km/h, der Tacho gaukelte allerdings über 230 km/h vor.

Weitaus wichtiger ist die gute Elastizität: für den Zwischenspurt von 60 bis 120 km/h braucht der Omega im vierten Gang 17,9 und im fünften 24,6 Sekunden.

Vor allem läuft all dies hochkomfortabel ab: der 2,6-Liter ist ein Musterbeispiel an Laufkultur, gibt sich bei jeder Drehzahl und Geschwindigkeit akustisch sehr zurückhaltend.

Damit wird die Lust flotter Langstreckenfahrten nie zur Qual.

Da kommt der Volvo natürlich nicht mit., obwohl der subjektiv schwerer wirkende 940 Kombi mit nur knapp 1400 Kilogramm gut zwei Zentner weniger auf die Waage bringt.

Die Beschleunigungszeit von 11 Sekunden st noch ein ordentlicher Wert. Dafür ist der Vorwärtsdrang bei 188 km/h, erreicht im vierten Gang, schon zu Ende. Die Elastizität ist ebenfalls deutlich schlechter: von 60 bis 120 km/h vergehen in der vierten Schaltstufe 22,5 und im sehr lang übersetzten fünften Gang 34,5 Sekunden.

Durch brummige und unkultivierte Lautäußerungen ab etwa 3500 U/min macht der Vierzylinder zudem deutlich, daß er derartigen Beanspruchungen nur sehr ungern nachkommt.

Die Schongang-Charakteristik bringt dem Volvo auch keine Verbrauchsvorteile. Im Gegenteil, selbst an leichten Autobahnsteigungen verliert der Kantige aus dem Norden derart an Schwung, daß der Griff zum vierten Gang nötig wird. Zum Glück läßt sich das Getriebe angenehm bedienen, auch die Anschlüsse der Gänge eins bis vier passen.

Der Omega ist insgesamt kürzer übersetzt, kann dafür sehr schaltfaul gefahren werden.

Resultat: der deutlich stärkere Opel hat im direkten Vergleich fast stets die Nase vorn, wenn auch die Differenz im Testdurchschnitt mit 10,9 zu 11,2 Liter Kraftstoff nicht schwerwiegt. Insgesamt sind das sehr günstige Werte für diese Größenklasse, vernünftigen Umgang mit dem Gaspedal vorausgesetzt. Anhaltend forcierte Gangart straft der Opel mit knapp 16 Liter, der Volvo gar mit über 18 Liter je 100 km.

Beim Fahrwerk liegen Omega und 940 GL mindestens ebenso weit auseinander wie auch bei den Motoren. Das McPherson-Konstruktionsprinzip der beiden Vorderachsen ist noch gleich, hinten setzt Opel aber auf eine aufwendige Konstruktion mit Schräglenkern an einem Fahrschemel. Die beinahe traditionelle schwedische Innovationsunlust dagegen hat dem Volvo die tarrachse, geführt an Längsträgern, erhalten.

Gefedert und gedämpft ist der Volvo schlichtweg zu weich. Die Karosserie ist ständig am Nicken und Wanken, die Seitenneigung in Kurven erinnert an Segelschiffe. Dabei ist dies bestenfalls ein Pseudokomfort, denn ber größeren straßenbaulichen Mängeln ist die Schluckfreudigkeit der Aufhängung schnell am Ende.

Auch das Fahrverhalten des 940 Kombi überzeugt nicht. In sauber asphaltierten Kurven bleibt er zwar neutral bis leicht untersteuernd, auf unebenem Untergrund neigt die Hinterachse zum seitlichen Versetzen. Der Volvo ist halt für eine kommode Fahrweise gemacht.

Der Opel ist da von anderem Naturell. Er wirkt deutlich straffer, wird aber dennoch von großen und kleinen Bodenwellen längst nicht so stark erschüttert wie der Schwede. Auch bleibt der Omega bei weit höheren Kurvengeschwindigkeiten noch neutral. Der Volvo braucht im Winter eine Menge Last im Gepäckabteil, um halbwegs ordentlich von der Stelle zu kommen, während der Omega trotz höherer Leistung die bessere Traktion aufweist.

Die kantige Kombi-Karosserie des Volvo 940 scheint dem Seitenwind mehr Angriffsfläche zu bieten als die etwas rundere Opel-Form, der Deutsche läuft weitaus ruhiger geradeaus. Steuern lassen sich beide gut, doch sind kleinere Kursabweichungen im Opel leichter zu korrigieren. Seine Lenkung arbeitet direkter, läßt deutlichere Rückstellkräfte und mehr Fahrbahnkontakt spüren. Dafür erscheint der Schwede in der Stadt durch seinen kleineren Wendekreis handlicher.

Die Bremsen sind bei beiden recht standfest, ABS serienmäßig hat nur der Opel. Beide Kombis sind serienmäßig mit einer automatischen Niveauregulierung ausgerüstet und sacken damt auch bei größerer Belastung nicht durch. Das Fahrwerk des Opel verkraftet die Last aber besser, die Übersteuerneigung etwa bei einem Ausweichmanöver ist deutlich geringer als beim Volvo, der da mit einem gehörigen Heckschwenk reagiert. 

Fahrkomfort ist auch wesentlich vom individuellen Wohlgefühl der Ohren abhängig. Und auf die schlägt der Opel selbst bei längerer Fahrt weniger - dank der ausgezeichneten Laufruhe des Motors, aber auch dank der geringeren Windgeräusche. Die Heizung bläst bei beiden kräftig und spricht auch flott an, ist im Omega aber geschwindigkeitsabhängig.

Fazit: der Volvo ist für kommode Fortbewegung gemacht. Er überzeugt durch die gediegene Verarbeitung seiner Karosserie. Technisch ist er dem Opel mit dessen traumhaftem Motor und erstklasigem Fahrwerk jedoch weit unterlegen.

 

Vergleichstest Opel Omega 2.6i CD gegen VW Passat VR6, erschienen in AutoZeitung 21.06.1991

Sechserpack

Sechs streut VW unters Volk: der beliebte Passat Variant wird so 174 PS stark und zum ernsthaften Gegner für Opels Omega 2.6i.

Für VW sind sie mehr als eine modische VARIANTe, für Ford mehr als ein zweitklassiger TURNIER, für Opel ein lukrativer CARAVAN-Salon, für Audi nicht nur ein AVANTgardisches Experiment und für Citroen seit langem ein erschwinglicher BREAKdance.

Kombis - gleich, wie sie dieser oder jener Hersteller nennt - haben sich heute eine vor Jahren nicht für möglich gehaltene Sozialakzeptanz gesichert. Wer diese Spezies Auto früher nur bei seinem Malermeister oder Gerüstbauer vermutete, liebäugelt heute selbst mit einem derartigen "Kombinationskraftwagen". Der Tod der Handlungsreisenden ist kein Thema - die klassenlosen Kombis sind so in wie die Cabriolets.

Opel ist der ewige Jäger im Kampf um die Nummer-eins-Position auf dem deutschen Markt. Auch im vergangenen Jahr zogen die Rüsselsheimer mit 520.519 verkauften Neuwagen gegen den VW-Konzern (609.521) wieder den Kürzeren. Auf dem Kombi-Sektor ist der Passat Variant seit Jahren die Nummer eins. Innerhalb der Baureihe hat er inzwischen einen sensationell hohen Anteil von 75%. Nun setzt VW noch eins drauf und verpaßt dem nasenbärigen Passat mit dem 174 PS starken VR6-Motor Sechszylinder-Prestige. Bisher war beim 160 PS leistenden Passat G 60 Ende der Fahnenstange.

Bei Opel endet das Caravan-Angebot mit dem 204 PS starken Opel Omega 3000 24V - für diesen Vergleich bot sich der schwächere Ableger mit 2,6-Liter-Reihensechszylinder und 150 PS an. Auch im Omega-Programm beträgt der Caravan-Verkaufsanteil weit über 50%.

Nach G60 nun VR6 - das neue magische Kürzel bei VAG. Es symbolisiert die Verschmelzung von V- und Reihenmotor in einem äußerst schlanken Triebwerk mit unverschämt schmalem Zylinderspreizwinkel von 15 Grad. Zwei vierfach gelagerte Nockenwellen betätigen zwei jeweils senkrecht hängende Ventile pro Zylinder, und über allem wölbt sich ein gemeinsames Leichtmetall-(Zylinderkopf)Dach.

240 Nm Drehmoment bei 4200 U/min, zwischen 2000 und 6000 Touren mindestens 200 Nm verspricht VW für den langhubig ausgelegten, wie ein Vierzylinder ausschauenden Newcomer. Äußerlich ist ein VR6-Passat nur an den entsprechenden Vignetten, eckigem Auspuffendtopf und Alurädern "Estoril" zu erkennen - Understatement bleibt gewahrt.

Opel greift für den Omega 2.6i auf ein schon bei den Dreiliter-Modellen bewährtes Konzept namens "Dual-Ram" zurück. Bei 4000 U/min sorgt eine zuvor noch geschlossene Verbindungsklappe im Ansaugtrakt für den zweiten Atem des Kurzhubers, der ebenfalls auf viel Drehmoment im Drehzahl-Unterhaus ausgelegt ist. Bei 2000 U/min sind bereits 80% der Muskeln angespannt, zwischen 2.800 und 5200 Touren stehen knapp 200 von 220 Nm parat. Im CD-Trimm kostet solch ein "Ommi" 45.495 Mark, während ein VR6 im GL-Dressing auf 44.090 Mark kommt.

Der Omega ist mit 4,78 Meter Lebendlänge 20 Zentimeter gestreckter als sein Konkurrent. Dieser Unterschied macht sich weniger im Innenraum als vielmehr bei der Ladefläche bemerkbar. Die ist 21 Zentimeter breiter, da im Passat Radkästen im Weg stehen. Wer die Rückbank komplett umlegt, verschafft sich im Opel eine Nachtlager-taugliche Fläche von 1,96 Meter Länge. Im Passat, wo die Rückenlehnen senkrecht stehend hinter den Vordersitzen verstaut werden, ist bei 1,70 Meter Schluß.

Anders sieht es auf den Fondsitzen aus. Hier genießt ein Passat-Passagier drei Zentimeter mehr Kopf- und zwölf mehr Kniefreiheit bei voll zurückgeschobenen Vordersitzen.

Den Ausschlag für den Erfolg des Omega im ersten Kapitel geben die bessere Übersichtlichkeit (speziell nach vorn) und die üppigere Serienausstattung. Eine stilbildende Dachreling spendiert das VW-Werk, doch müssen beim Passat sowohl das Abdeckrollo für den Stauraum als auch das Auffangnetz für mitreisende Hunde oder Gepäckstücke für zusammen 796 Mark dazugekauft werden. Die Multifunktionsanzeige (MFA), VWs wunderbar einfach vom rechten Schaltstock aktivierbarer Bordcomputer, kostet auch 566 Mark extra.

In Kapitel Komfort und Bedienung zieht der Passat zum zweiten Mal den Kürzeren. Mit seinen Niederquerschnittreifen im 50er-Format läuft er auf der Autobahn jeder Spurrille nach, kurze Stöße steckt er nicht so souverän weg wie der auf 65er Reifen stehende Opel.

Das Mehrgewicht des VR6-Motors (Gewichtsverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse: 60 zu 40%) führt zu einer gewissen Kopflastigkeit. Die Folge: hohe Haltekräfte in Kurven und Lenkradzerren beim starken Beschleunigen.

Kaum etwas zu mäkeln gibt es an Schaltern, Hebeln und Instrumenten beider Kandidaten. Der Omega-Sitz ist etwas weicher, der Seitenhalt in Kurven in beiden allenfalls befriedigend. Bei VW setzen da die Sportsitze des Passat GT Maßstäbe.

Das Motorkapitel wird eine Beute des VW. Seidenweich dreht der VR6 in allen Lebenslagen mühelos hoch, mit der deutlich verbesserten VW-Seilzugschaltung läßt sich das gut abgestufte Getriebe leidlich gut bedienen.

Der um 24 PS schwächere Omega schleppt rund 130 Kilo mehr durch die Gegend. Der "Dual Ram" tönt einen Touch kerniger, das Getriebe operiert mit langen Wegen, beim Wechsel vom dritten in den vierten Gang tut sich ein kleines Drehzahl-Loch auf. Überraschend gut die Spitze des Opel - die 212 km/h sprechen für gute Aerodynamik. Mit 12,3 Liter pro 100 km fallen die Testverbrauchswerte absolut identisch ist.

Auch wenn der VW subjektiv handlicher wirkt als der Opel, hat er beim Fahrverhalten das Nachsehen. Wie von früheren Passat bekannt, gerät auch der VR6-Kollege bei Ausweichmanövern auf der Landstraße schneller an seine Grenzen als der Rivale. Zum Omega fehlen da zehn km/h Sicherheitsmarge. Die Bremssysteme der beiden sind auf der Höhe der Zeit, nur im Passat trat sich ab der sechsten von zehn Verzögerungen aus 100 km/h das Pedal fast bis zum Bodenblech durch. Und das, obwohl er die Bremsen vom Sportcoupe Corrado hat.

Auch der niedrigere Anschaffungspreis, der günstigere Wiederverkaufspreis und das Riesen-Servicenetz bewahren im Kostenkapitel den Passat nicht vor einem vierten Teilverlust. Hohe Kasko-Einstufungen und teure Ersatzteile - eine komplette Auspuffanlage kostet zum Beispiel inklusive Kat 3.300 Mark - gehen ins Geld.

Der VR6-Motor des Passat ist eine Wucht, VW tut gut daran, ihn auch im Corrado und Golf III anzubieten. Leider hat das deutschtümelige Interieur des Passat den Schritt in die Zukunft nicht mitgemacht. Ob der vorwiegend konservative Klientel das auch so sieht, müssen die Verkaufszahlen zeigen.

Der Opel Omega Caravan ist ein Cargo-Schiff mit der Souveränität eines Kreuzfahrtdampfers. Sein Sechszylinder paßt vorzüglich zum Charakter dieses Autos, dessen Preis 7.000 Mark unter dem des billigsten Mercdes-T-Modells (200 TE mit 118 PS) liegt. Das sollte mehr als eine Überlegung wert sein...

Vergleichstest Opel Omega Caravan 2.6i CD Diamant gegen VW Passat Variant GL VR6, erschienen in AutoBild 12.08.1991

Sechs am Arbeitsplatz

Vorbei die Zeiten, in der Kombis nur etwas für Handwerker waren: praktisch, aber lahm. Heute sind Leistung, Hubraum und Komfort gefragt. Aber steigern sechs Zylinder auch die Lust am Laster?

Eigentlich hatten sie ja recht, die immer um Korrektheit bemühten Beamten. Für das kofferraumlose Auto, das mit der Heckklappe und der Ladefläche, ersannen sie die schöne Bezeichnung "Kombinationskraftwagen". Klingt fast so schlimm wie Pferdedroschke, nicht? Caravan hört sich dagegen ja schon richtig nach Freizeit an, Variant ist auch nicht schlecht, betont nur mehr die nützliche Seite.

Doch was Opel und VW als Synonym für ihre Kombis einfiel, trifft die Sache längst nicht so. Denn der Omega Caravan 2.6i und der Passat Variant VR6 sind buchstäblich Kombinationskraftwagen - die gesunde Kreuzung aus Limousine, Nutzfahrzeug, Kraft und Komfort.

Somit das Auto schlechthin? Oder nur die Angeberkutsche für den reichen Handwerker, für den Kosten keine Rolle spielen?

Diese Frage stellt sich konkret beim Passat. Denn nun möchte auch VW im Spiel der Sechszylinder-Komfortkombis mitmischen.

Dort, wo eigentlich nur der Opel Omega den Ton angibt. Ford hat überhaupt nichts, und Mercedes liegt eh zwei Klassen höher - auch preislich.

Zumindest kraftmäßig dürfte das für den Wolfsburger kein Problem sein. Mit 174 PS übertrumpft er den 2,6-Liter-Omega um 24 PS.

Klar, daß sich dies auch in den reinen Fahrleistungen niederschlägt. Doch der Ampelspurt oder die Hatz über die leere Autobahn ist längst nicht alles.

Schon durch seine räumliche Größe strahlt der Omega Caravan mehr Ruhe aus. So, als wären ihm die Beschleunigungswerte des Passat völlig egal.

Störend dabei nur: der Opel-Sechszylinder, sonst ein Vorbild an Laufkultur, ist zumindest im direkten Vergleich mit dem Passat untenrum etwas müde.

Besonders im ersten und zweiten Gang kommt erst einmal ein Loch, bevor es zügig vorangeht.

Der Passat kennt derartige Schwächen nicht. Sein Motor spielt förmlich mit dem Auto. Ein falscher Gang, eine zu niedriger Drehzahl: alles kein Problem. Immer ist genügend Leistung vorhanden, untermalt von einem kernigen Sound.

Der Sportler gegen den Komfortablen. Das zeigt sich auch bei der Abstimmung der Fahrwerke. Fahrbahnstöße sind im Passat härter zu spüren als im Omega. Unangenehm sind auch die ausgeprägten Lastwechselreaktionen des Wolfsburgers. Wer in einer zu schnell angegangenen Kurve plötzlich vom Gas geht,  muß mit einem ausbrechenden Heck rechnen. Wesentlich harmonischer benimmt sich da der Omega.

Kombis sollen neben schön fahren auch schön schlucken können: viel Gepäck und möglichst wenig Sprit. Beim Passat ist das genau umgekehrt. Ihn könnte man getrost einen Show-Kombi nennen, nur etwas, um schnell chic von A nach B zu kommen. Denn das Gepäck müssen VR6-Eigner, sofern die Familie mitsoll, zu Hause lassen. Mickrige 360 Kilogramm Zuladung blieben beim Testfahrzeug übrig, das laut Schein zwar 1283 Kilogramm wiegt, auf der Waage aber stolze 1450 Kilo anzeigte. Extras wiegen. S-Klasse-Syndrom nennt man das.

Das gilt fast auch für den Verbrauch. Zweimal fuhren wir die Verbrauchsstrecke, weil wir den trinkfreudigen Konsum von 14,3 Litern zuerst nicht glauben wollten. Es blieb dabei. Mit über zwanzig Mark sind sie dabei - alle 100 Kilometer. Die 12,7 Liter des Omega sind gerade noch akzeptabel.

Leider nicht akzeptabel dagegen sind die Bremsleistungen des Passat. Beim Schulaufsatz würde es heißen "Am Thema vorbei, fünf". Da wird einem schwer gewordenen Kombi viel Leistung eingehaucht, damit er jenseits der 200-km/h-Marke über die Autobahn fegen kann, aber beim Bremsen hört es dann mit der Leistung auf - und mit dem Spaß für die Insassen auch.

Konkret: bei der Standfestigkeitsprüfung zeigte unser VR6 nach zehn Vollbremsungen mit voller Beladung aus Tempo 100 die ersten Schwächen. Der Bremsweg stieg von 44,5 auf 50,1 Meter. Schon nach der sechsten Verzögerung erreichten die Bremskräfte nicht mehr die ABS-Grenze. Weitere Bremsungen in Folge ließen die Werte sogar bis auf 58,2 Meter anwachsen.

Parallel dazu und unter den absolut gleichen Bedingungen absolvierte auch der Omega sein Programm. Ergebnis: tadellos, alle Gewaltbremsungen lagen im Bereich zwischen 42,3 und 43,1 Metern.

Der preisliche Bereich allerdings liegt noch höher. Ein Omega Caravan CD Diamant bringt es auf 47.580 Mark. Lieferzeit: zwei bis drei Monate. Wer aber glaubt, der Passat sei mit 44.090 Mark ein Sonderangebot, irrt gewaltig. Ausstattungsbereinigt, das heißt mit all den Extras versehen, die Opel serienmäßig mitliefert, liegt der Passat dicht unter der 50.000-Mark-Grenze.

Ein stolzer Preis. Aber wer jetzt bestellt, hat noch gut sechs Monate Zeit zum Sparen. Und die lange Lieferzeit sollte man ruhig positiv sehen: vielleicht hat der Passat bis dahin ja bessere Bremsen.