Opel Omega B MV6

erschienen in der Auto Straßenverkehr vom 09.11.1994

Vergleichstest Omega B MV6 gegen Mercedes E 280

Stern schnuppe?

Sie kosten in der Basisversion fast das gleiche und sind doch sehr verschieden: der üppig ausgestattete Opel Omega MV6 möchte gern in die Oberklasse, der Mercedes ist von Hause aus ein nobles Auto. Hat der Opel im Vergleich eine Chance?

Beim Namen Opel denkt man eher an solide Hausmannskost, nicht an automobilen Luxus. Das letzte Auto aus Rüsselsheim, das als halbwegs nobel galt, fuhr als Kapitän durch die fünfziger Jahre. Seine Nachfolger Admiral und Diplomat waren vornehm, aber wenig beliebt. Und der Letzte aus der Oberklasse, der Senator, verschied 1993 schon vor Einführung des neuen Omega.

Dieser Omega würde ganz gern eine Liga höher spielen, speziell das Sechszylindermodell MV6, das die Rüsselsheimer mit allem erdenklichen Luxus ausgestattet haben. Das alles verkaufen sie zu einem angemessenen Preis - DM 63.345,--.

Opels Ausflüge in die Luxus-Klasse waren allesamt aber nicht an verfehlter Preispolitik oder primitiver Technik gescheitert, sondern am geringen Prestige. Davon wiederum  hat der Mercedes genug. Und anders als beim MV6, wo drei Liter Hubraum das obere Ende des Programms sind, bedeuten hier die 2,8-Liter gerade einmal den Einstieg in die Sechszylinder-Welt.

In der nach oben offenen Mercedes-Preisliste fallen denn auch die DM 64.112,50, die der E 280 in der Basisausführung mit Fünfgang-Schaltgetriebe kostet, kaum auf. Der Preisunterschied zum MV6 scheint gering. Doch der Schein trügt: Würde man den Mercedes so ausstatten wie den Opel, müßte man den Preis eines Kleinwagens dazurechnen. Denn allein die wichtigsten, beim Opel serienmäßigen Extras summieren sich auf etwa DM 20.000,--.

Erst für diesen Batzen Geld liefern die Schwaben eine Automatik, Klimaanlage, Tempomat, Leichtmetallräder, Alarmanlage, Metallic-Lackierung, elektrisch einstellbare Vordersitze und so weiter. Im Mercedes fühlt man sich allerdings auch Wohl, wenn man die Sitze von Hand vorrücken muß. Es gibt viel Platz, Bedienung und Instrumente könnten funktioneller nicht sein.

Im Opel kann man es sich auf ausladenden Sesseln bequem machen, das Raumangebot ist noch besser als im Mercedes. Insgesamt erfüllt der Omega im Innenraum mit seiner im Detail nicht ganz so vorbildlichen Verarbeitung und den weniger anspruchsvollen Materialien den Luxus-Anspruch aber nur mühevoll.

Sein Motor ist indes gar nicht so schlecht. Der Dreiliter-V6 leistet 210 PS bei 6.200 U/min und ist ein kraftvoller Geselle - in 9,7 Sekunden beschleunigt er den Omega von 0 auf 100 km/h. Im Testdurchschnitt verbrauchte der V6 12,0 Liter/100 km.

Der Mercedes-Reihensechszylinder mit 2,8 Liter Hubraum leistet 193 PS bei 5.300 U/min und kann alles noch ein bißchen besser: der E 280 benötigt 8,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Für die Limousine ist das schon eine sportliche Dimension, der Verbrauch lag bei 11,7 Liter/100 km.

Dabei schlägt der Mercedes aus seiner besseren Automatik (allerdings stolze DM 4.180,25 Aufpreis) Kapital. Die hat fünf Gänge und schaltet schneller und sanfter als die etwas schwerfällige, serienmäßige Viergang-Automatik des Opel. Zusammen mit dem souveränen Fahrwerk trägt sie zum hohen Fahrkomfort des Mercedes bei.

Der Opel ist da auch kaum schlechter, seine Federung schluckfreudig, sein Fahrverhalten sicher. Nur sein V6-Motor arbeitet - bauartbedingt - bei höheren Drehzahlen lauter als der seidig laufende Reihenmotor des Mercedes.

In puncto Ausstattung und Kraft darf sich der Opel durchaus mit der Stuttgarter Limousine messen. Wer aber ein Statussymbol und feinere Sitten will, wird weiterhin zum Mercedes greifen - und bei Anblick der Aufpreisliste die Zähne zusammenbeißen.