Steinmetz Ascona A 19 SR Gruppe 1

erschienen in der Auto Zeitung vom 28.07.1973

Leicht gedopter Dauerläufer

Im internationalen Rallyesport macht immer mehr der Opel Ascona durch Erfolge auf sich aufmerksam. Einer der prominentesten deutschen Opel-Tuner, Klaus Steinmetz, hat einen Ascona nach den Vorschriften der Gruppe 1 präpariert. Auto Zeitung testete den Opel bei einer Rallye.

Noch vor wenigen Jahren wären jene Sportfreunde für nicht ganz zurechnungsfähig erklärt worden, die mit einem Fahrzeug der Marke Opel bei Wettbewerben ganz vorne mitzumischen gedachten. Inzwischen freilich haben sich Produkte aus Rüsselsheim - insbesondere bei Rallyes - auf den Spitzenplätzen internationaler Ergebnislisten etabliert.

Ganz erheblich zu diesen sportlichen Erfolgen trägt augenblicklich der in seiner äußeren Erscheinungsform eher bieder wirkende Ascona bei, der zu einem Lieblingsobjekt der Tuner geworden ist.

Im wesentlichen machen den Ascona zwei Eigenschaften rallyetauglich: Das geringe Gewicht und die hervorragende Straßenlage, verbunden mit einem nahezu optimalen Handling. Diplom-Ingenieur Klaus Steinmetz, der seit Jahren an das Gute im Opel glaubt und sich müht, noch Besseres herauszuholen, bietet einen getunten Ascona 19 SR an, der den Gruppe 1 Vorschriften des internationalen Sportgesetzes entspricht.

Dieses leistungs- und fahrwerksverbesserte Fahrzeug gilt als "Serientourenwagen" und ist ebenso im Motorsport wie fürs Brötchenholen mit guten Chancen einzusetzen.

Das Testprogramm der Auto Zeitung umfaßte beides: Teilnahme an der material mordenden Nordland-Rallye und Fahrten im Alltagsverkehr.

Um dem 1,9-Liter-Motor im Rahmen der erlaubten Gruppe-1-Möglichkeiten mehr Leistung zu entlocken, baute Steinmetz zunächst eine heißere Nockenwelle mit vergrößertem Ventilhub ein. Bei gleichzeitiger Bearbeitung der Ansaugwege erbrachte dieser Eingriff eine Mehrleistung von 7 PS.

Allerdings handelte man sich damit einen großen Nachteil ein: Der Motor mußte erst bis auf 4.500 Umdrehungen pro Minute hochgejubelt werden, bevor er sich zu einer nutzbaren Leistungsabgabe bequemte.

Verbunden mit dem serienmäßigen Vierganggetriebe waren damit keine großen Lorbeeren zu ernten: Bei den großen Drehzahlsprüngen - besonders vom 2. in den 3. Gang - fiel die Motordrehzahl jedesmal derart in den Keller, daß der Leistungsanschluß fehlte.

Die Lösung dieses Problems brachte eine neu entwickelte Nockenwelle, der Steinmetz die Bezeichnung St 13 gab. Ihre Vorteile: Sie bringt größere Elastizität und Leistung schon bei niedrigen Drehzahlen. Ferner werden härtere Ventilfedern verwendet.

Auf der Suche nach weiteren Pferden spürte Steinmetz einen Solex-Sportvergaser auf, den die Neußer freilich für ganz andere Zwecke entwickelt hatten: Das Modell 40-42 CCI. Der Automobiltechniker aus Rüsselsheim und der schwedische Rallye-Experte Ragnar Ekelund (er führt die skandinavischen Opel-Teams zum Erfolg) erkannten sofort die Vorzüge dieses Gemischaufbereitungssystems: Einfacher Aufbau, geringer Strömungswiderstand und große Drosselklappen. All das bedeutet mehr Leistung. Messungen auf dem Prüfstand ergaben, daß mit einem dem Vergaser angepaßten Saugrohr noch zwei PS mehr herausgeholt werden konnten als mit der doppelt so teuren Sprint-Anlage mit zwei Weber-Doppelvergasern, die in der Sprint-Version des Rekord und des Rallye-Kadett verwendet wurden.

Sehr schnell stellten sich aber auch die bauartbedingten Nachteile dieses Vergasers heraus: Schlechte Übergänge und nur mäßiges Verhalten im Teillastbereich, da sich die Drosselklappen bei Verwendung auf einem Opel-Saugrohr in die falsche Richtung öffnen. So gibt es mit dem 40-42 CCI eine Menge Sorgen für die Solex-Leute, die noch heute jenen Tag verfluchen, an dem Klaus Steinmetz diesen Vergaser entdeckte.

Dennoch wird er wegen der hohen Leistungsausbeute beibehalten. Bei sorgfältiger Einstellung individuell auf das jeweilige Fahrzeug werden allerdings sehr gute Ergebnisse auch bei niedrigen Drehzahlen erreicht, wie der Testwagen deutlich unter Beweis stellte. Vor dieser Feinabstimmung im Solex-Werk bewegte sich das Fahrzeug allerdings nur mit gewaltigen Bocksprüngen vorwärts. Stehen alle Sterne besonders günstig, gibt die 1,9-Liter-Maschine nach verabreichter Kraftkur 115 PS ab, mit deren ständiger Präsenz man aber nicht unbedingt rechnen sollte. Ständig verfügbare 100 PS sind da schon realistischer.

Der Motor des Testwagens provozierte durch nur unlustige Leistungsabgabe unterhalb von 3.000 Umdrehungen pro Minute. Aufgrund dieser Sturheit kommen auch die schlechten Beschleunigungswerte bis 100 km/h zustande: 12,4 Sekunden.

Der Steinmetz-Ascona ist damit nur eine Zehntelsekunde schneller als das serienmäßige Modell. Beim Anfahren schlafft die Drehzahl jedes mal ab, und das kostet Zeit. Tritt man aber im Stand den Motor beharrlich hoch und erledigt den Rest mit der Kupplung, so endet vermutlich jeder dritte Start mit einem Hausbrand.

Nun ist der Gruppe-1-Ascona nicht unbedingt für Sprintprüfungen gebaut, sondern zur Erzielung möglichst attraktiver Durchschnittsgeschwindigkeiten auf längeren Rallye-Spezialetappen. Und da geht dann oberhalb von 3.000 U/min die Post so richtig ab. Schlagartig setzt ein kräftiger Biß ein und reißt den Wagen bis zur Höchstgeschwindigkeit von knapp 180 km/h (Serienmodell: 163 km/h) mit, daß es nur so fröhlich macht. Mit Vergnügen dreht der Motor bis und über 6.000 Touren, stillt seinen Durst bei hektischem Einsatz aber auch mit zeitweise 19 Liter Super (Testverbrauch: 16,5 Liter).

Verbunden mit fleißiger Schaltarbeit, läßt sich der Steinmetz-Ascona selbst von einem 130 PS starken Gruppe-1-BMW oder -Alfa Romeo nicht die Show stehlen.

Diese Fähigkeit, souverän in der Gesellschaft viel sportlicher konzipierter Konkurrenzmodelle mit durch die Lande räubern zu können, ist freilich nicht allein auf das Motor-Tuning zurückzuführen. Ein ganz entscheidender Faktor ist das schon von Hause aus hervorragende Fahrwerk. Steinmetz versah Vorder- und Hinterräder mit negativem Sturz, legte das Fahrwerk tiefer und baute Bilstein-Gasdruckdämpfer ein. Verbunden mit Reifen der Größe 185/70 SR 13 (Metzeler Monza) auf 5 1/2-Zoll breiten Rädern ergibt sich ein Fahrverhalten, das mit Grenzbereichen fertig wird wie andere Fahrgestelle kaum mit dem Geradeauslauf.

In schnell gefahrenen Kurven untersteuert der Ascona so eben, ist aber durch leichtes Anstellen zu einem stets kontrollierbaren Übersteuern zu bewegen.

So lassen sich wundervolle, völlig problemlose Drifts auf den Asphalt zaubern. Es gibt nur wenige Autos, mit denen man so sicher so schnell durch Kurven fahren kann.

Bei dieser Fahrwerks-Auslegung wundern die hervorragenden Platzierungen der Gruppe-1-Ascona selbst bei härtester Konkurrenz nicht mehr. Der Einbau stärkerer Motoren offenbart erst die ganze Leistungsfähigkeit dieses Starrachs-Fahrwerks und dokumentiert, welche Reserven in dem Serienmodell stecken.

Um dem Piloten beim Einsatz der gesamten Ascona-Klaviatur zu einem angenehmen Schaffen zu verhelfen, hat Steinmetz ein Interieur ausgewählt, das bis auf den fehlenden Feuerlöscher nichts zu wünschen übrig läßt.

Fahrer und Beifahrer sind in den Recaro-Ideal-Sitzen gut aufgehoben. Sportlenkrad, Zusatzinstrumente, Twinmaster, Dreipunktgurte und elektrischer Hauptschalter runden die Ausstattung ab.

Um bei Ausflügen aufs Dach heftigere Kopfschmerzen zu verhindern, reckt sich ein gut gepolsterter, massiver Überrollbügel durch den Innenraum.

Bei Rallye-Einsätzen quer durch den deutschen Wald, wo sich dieser Wagen wegen seiner geringen Bodenfreiheit schwer tut, auf Rundstrecken, Autobahn und im Stadtverkehr hat der Steinmetz-Ascona seine Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt.

Diese Vorzüge müssen allerdings recht teuer bezahlt werden: Der Testwagen repräsentierte einen Wert von ca. DM 15.000,--. Und dafür bekommt man ja schon fast einen gebrauchten Formel 1.

So setzt sich der Kaufpreis für unseren Test-Ascona zusammen:

Grundpreis mit Zubehör:  
Kaufpreis Ascona 1.9 L DM 9.543,--
Gürtelreifen 185/70 SR 13 DM    226,50
Felgen 5 1/2 J x 13 DM      88,--
Verbundglas-Frontscheibe DM    137,--
SR-Ausstattungspaket DM    157,--
Sperrdifferential DM    296,--
Sportlenkrad DM      41,50
Gesamtpreis ab Werk DM 10.507,--
Steinmetz-Tuning Gruppe 1:  
Export-Anlage mit 100 PS inkl. Sport-Nockenwelle und härteren Ventilfedern und Solex-Vergaser 40-42 CCI DM 1.093,50
2 Recaro-Ideal-Sitze DM    932,40
Überrollbügel DM    385,--
Bilstein-Fahrwerk DM    600,--
Gesamtpreis Steinmetz-Ascona Gruppe 1 DM 13.517,90
Sonderzubehör:  
Bremsbeläge Textar 1431 G, Rahmenverstärkung vorn, Rallye-Scheinwerfer mit Haltebügel, Twinmaster DM 1.482,10
Gesamtpreis Testwagen DM 15.000,--