Crashtest Opel Omega A 2.4i CD

Keine Unfallart birgt für den Autofahrer höhere Risiken als ein Frontal-Zusammenstoß. Seine gefährlichste Form ist auch die Häufigste: beim sogenannten Offset - Crash mit Teilüberdeckung von Unfallfahrzeug und Hindernis werden Karosserie und Insassen extrem belastet. auto motor und sport überprüfte die Sicherheit von acht Mittelklasse-Modellen.

Der Test wurde von ams in Zusammenarbeit mit dem ADAC durchgeführt und ist in Heft 19 am 7. September 1990 veröffentlicht worden.

Die Sekunde der Wahrheit

Wie sicher sind Autos der oberen Mittelklasse? ams unterzog zusammen mit dem TÜV Bayern acht Modelle einem Offset-Crash. Es traten an: BMW 520i, Opel Omega 2.4i, Nissan Maxima, Fiat Croma i.e., Volvo 740, Renault 25, Mercedes 200 und Honda Legend.

Mit dem Anlegen des Sicherheitsgurtes hat der Autofahrer für sich und im Sinne des Gesetzgebers seinen Beitrag zur passiven Sicherheit geleistet. Doch es gibt für beide keinen Grund, sich beruhigt zurückzulehnen. Denn ob der Gurt im Ernstfall die angestrebte Sicherheit bringt, hängt ganz wesentlich von Konstruktion und Konzeption der Fahrzeugstruktur ab. Zwar ist das Prinzip einer stabilen Sicherheitszelle mit verformbaren Knautschzonen zum Energieabbau seit Jahrzehnten bekannt, in der praktischen Umsetzung aber gibt es große Unterschiede. Denn Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif. So läßt sich unauffällig manche Mark sparen, zumal es in Europa weder umfassende noch einheitliche Sicherheitsvorschriften gibt. Aber auch die amerikanische Sicherheitsnorm FMVSS 208, die einen Wandaufprall mit 30 mph (48,3 km/h) verlangt, gilt unter Fachleuten als nicht sehr aussagekräftig, da dieser Unfalltyp in der Praxis eher selten vorkommt. Viel häufiger kracht es frontal mit teilweiser Überdeckung, was zu wesentlich schlimmeren Folgen führt. Der Grund: beim sogenannten Offset-Crash wird nur ein Teil der vorhandenen Knautschzonen genutzt. Zudem belastet der einseitige Aufprall die Karosseriestruktur gravierend. Die englischsprachige Unfallforschung nennt diese Kollisionsform den "worst case" (schlimmsten Fall). ams wählte diesen praxisnahen worst case mit einer Überdeckung von 50%, um in jedem Fall den Einfluß des starren Motors auf die Verformung sicherzustellen. Und um die Spreu vom Weizen zu trennen, wurde die Kollisionsgeschwindigkeit auf 55 km/h erhöht, ein Niveau, das auch von den amerikanischen Verbraucherverbänden favorisiert wird. So harmlos die Zahl aussieht, der Energieumsatz steigt damit gegenüber den üblichen Crashgeschwindigkeiten um über 20% - ein wahrer Härtetest also.

Hart ist auch das Hindernis: ein Betonblock von über 100 Tonnen Gesamtmasse stoppt die Crash-Opfer. Seine um 15 Grad schräggestellte Aufprallfläche trägt zwei vertikale Leisten, um ein realistisches Verhaken zu simulieren. Und im Gegensatz zu den üblichen Industrie-Anlagen können sich die Crash-Kandidaten von ams mit eigener Motorkraft und ohne Schienen frei auf das Hindernis zubewegen. Ein in der 200 Meter langen Anlaufstrecke eingelassenen Leitkabel sorgt im Verein mit einer Antenne, einem Regelrechner und einem elektrischen Lenkmotor für exakte Spurhaltung. Ein weiterer Rechner, der seine Impulse von einem Tachogenerator empfängt, garantiert die Einhaltung der exakten Geschwindigkeit. Die sehr geringen Abweichungen von den Sollwerten, die unter den üblichen Industriewerten liegen, beweisen die hohe Funktionssicherheit dieses erstmals eingesetzten Systems. Die verwendeten Dummies entsprechen dem Stand der Technik (Fachausdruck Hybrid II). Gemessen wird die Verzögerung in g (Erdbeschleunigung 9,81 m/s). Aus diesen Werten lassen sich Verletzungskriterien errechnen wie beispielsweise der HIC-Wert (Head Injury Criterion). Als kritischer Wert gilt die Zahl 1000. Europäische Experten, die diesen Wert für zu niedrig halten, peilen eine Zahl von 1.500 an. Über 1.500 ist auf jeden Fall mit lebensbedrohenden Kopfschäden zu rechnen. Bei der HIC-Bewertung muß berücksichtigt werden, daß bei Crash-Versuchen unter vergleichbaren Bedingungen HIC-Werte mit einer deutlichen Streubreite registriert wurden. Dies liegt an den Bewegungsabläufen, die nicht zwingend identisch sind. Der biomechanische Auswertung und die Beurteilung des Verletzungsrisikos oblag dem Institut für Rechtsmedizin und Unfallforschung der Universität Heidelberg.

       

Der Opel Omega mit längs eingebautem Vierzylindermotor bringt im Grunde gute Voraussetzungen für einen Crash mit, da im Vorbau genügend Raum für Knatschzonen bleibt. Wie der Offset-Versuch zeigt, wurden sie nicht ausreichend genutzt, und auch die Stabilität der Fahrgastzelle läßt beim Omega zu wünschen übrig. Dach, A-Säule und vor allem der Türschweller knicken ein, Schweißnähte reißen auf. Lenksäule und Armaturentafel wandern rund 15 cm in den Innenraum, wobei hier nur die bleibende Verformung gerechnet wird.

Der Hochgeschwindigkeitsfilm zeigt: das Lenkrad dringt noch weiter ein, wird vom Dummy-Kopf aber wieder zurückgedrückt. Noch stärker ist die Verkürzung der Fahrgastzelle im Fußbereich. So kommen die Pedale dem Fahrer mehr als 30 cm entgegen.

 

   

Batterie, Getriebe und Kühlsystem wurden beim Crash beschädigt, Flüssigkeit lief aus. Die beiden vorderen Türen ließen sich ohne Hilfsmittel öffnen, die auf der Fahrerseite allerdings nur mit hohem Krafteinsatz. Ohnehin bleibt fraglich, ob in diesem Fall die rasche, problemlose Bergung den Fahrer gerettet hätte. Denn die Auswertung der Dummy-Daten ergab für ihn einen HIC-Wert von fast 1700, den höchsten dieser Testserie, und zusätzlich eine hohe resultierende Kopfverzögerung. Beide Werte zusammen hätten dem Omega-Fahrer bei diesem Unfall nur geringe Überlebens-Chancen gelassen. Die Film-Auswertung zeigt einen harten Kopfaufprall des Fahrers mit dem Gesicht auf die Lenkradnabe und mit dem Unterkiefer auf den Kranzbereich. Selbst der Beifahrer prallt mit dem Kopf auf das Armaturenbrett. Gemessen an so hohen Verletzungsrisiken im Kopfbereich sind geringe Gefährdungen der inneren Organe und im Brustbereich beim getesteten Omega kein Trost.